In Hiddesen verbindet die evangelisch-reformierte, die evangelisch-lutherische und die katholische Kirchengemeinde eine lange Geschichte gelebter Ökumene. Doch seit Ende 2023 ist aus dieser Verbindung ein gemeinsamer Aufbruch geworden. Auslöser waren unter anderem die Immobilienstrategie des Erzbistums Paderborn und das Klimaschutzgesetz der Lippischen Landeskirche und damit die Notwendigkeit, Ressourcen nachhaltiger zu nutzen. Daraus entwickelte sich eine zentrale Frage: Wie kann Kirche heute vor Ort gemeinsam und zukunftsfähig gestaltet werden?
Gottesdienste neu gedacht – mit- und füreinander
Im Winter 2023/24 begannen die Gemeinden, ihre Gottesdienste bewusst gemeinsam zu feiern - es entstand ein Gottesdienstplan, der sonntags abwechselnd zum Besuch der verschiedenen Kirchen einlud. So wurde nicht nur Energie gespart, sondern auch Gemeinschaft erlebt. Die Liturgien blieben jeweils konfessionell geprägt, aber es entstand ein spürbares Miteinander: gegenseitige Einladung, freundliche Aufnahme, gemeinsames Feiern – ökumenisch, ökologisch, ökonomisch.
Viele Gottesdienstbesuchende berichteten von einer neuen Offenheit, Freude über mehr Beteiligung und einer neuen Selbstverständlichkeit im Umgang miteinander. Ein Ergebnis: Die gegenseitigen Gottesdienste sollen fortgesetzt und weiterentwickelt werden.
Beratungsprozess – begleitet, transparent und offen
Seit Sommer 2024 wird der Prozess professionell begleitet - von zwei Gemeindeberaterinnen, einer evangelischen und einer katholischen. Vertreterinnen und Vertreter aller drei Kirchengemeinden bringen sich in regelmäßigen Treffen ein. Ziel ist es, gemeinsam zu klären, was die Menschen in Hiddesen brauchen und wie die Kirche vor Ort dazu beitragen kann.
Neben der Analyse der Sozialdaten des Stadtteils (z.B. hoher Altersdurchschnitt, hohe Bevölkerungsdichte, relativ geringe Armut) wurden Interviews geführt, Gemeindeversammlungen und öffentliche Veranstaltungen (z.B. Adventsmarkt, Familientag im Haus des Gastes) für Gespräche genutzt. Eine wichtige Rolle spielt auch die Frage nach den „kirchlich Heimatlosen“, also Menschen, die sich als Christen verstehen, aber keinen direkten Bezug zu den Kirchengemeinden haben.
Zukunftsfragen gemeinsam angehen
Nicht nur das liturgische Miteinander steht im Mittelpunkt, sondern auch die Frage, welche Orte, Räume und Formate die Gemeinden in Zukunft brauchen – und wo Kooperation, Arbeitsteilung oder auch Stellvertretung sinnvoll sind. Der Leitgedanke dabei ist: „Das Verbindende ist stärker als das Trennende“.
Der Konsultationsprozess ist offen und lädt ausdrücklich zur Beteiligung ein. Workshops, Informationsveranstaltungen und Austauschformate sorgen dafür, dass niemand außen vor bleibt.
Eine gemeinsame Haltung
Was den Prozess in Hiddesen so besonders macht, ist die Haltung: Ökumene wird nicht als Notlösung, sondern als Chance verstanden. Die Vielfalt der Traditionen bleibt erhalten, aber sie bereichern sich gegenseitig. Nicht zuletzt entsteht so ein ökumenisches Selbstverständnis, das an Glaubwürdigkeit gewinnt – gerade in einer Zeit, in der viele Menschen Kirche nur noch am Rande oder unglaubwürdig erleben.