Rot! Eine ganz einfache - dennoch eindrucksvolle – Bildsprache spricht das diesjährige Hungertuch des Hilfswerkes Misereor. Es ist ein Zeugnis von der Solidarität mit den Armen, Schwachen und Ausgegrenzten und auch Anfrage an unser Christsein und unseren Lebensstil. Mehr als nur anzuschauen, ist es die Fastenzeit über in den Kirchen unseres Pastoralverbundes.
Pastoralassistent Niklas Sonderkamp hat sich damit bereits beschäftigt und stellt uns seine Ansicht und seinen Tiefblick zur Verfügung:
Die Zeit, in der Sie und ich leben, ist geprägt von komplexen Multikrisen: Klima, Kriege, Pandemien zeigen auf, wo die Schwachstellen unserer politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen liegen. Zwar sind es einzelne Krisen, dennoch bleiben sie miteinander verzahnt und bleibt die Klimakrise die fundamentale Herausforderung.
Dieses Szenario zielt mitten in das Hungertuch von Emeka Udemba. Sein farbenstarkes Bild ist als Collage aus vielen Schichten ausgerissener Zeitungsschnipsel, Kleber und Acryl aufgebaut: Nachrichten, Infos, Fakten, Fakes – Schicht um Schicht werden aus kleinen Fragmenten etwas Neues geschaffen.
In einen freien rötlichen Raum hineingesetzt, ragen zwei Unterarm- und Hand-Paare offen in die Fläche hinein: Form und Farbe nach gehören sie zu einem dunkelhäutigen Mann und einer weißen Frau, Ihre Hände berühren gemeinsam sachte die Erdkugel, die sie gemeinsam halten, ihr aber auch Spielraum lassen. Die Kugel bleibt in der Schwebe von Halten und Loslassen, Schutz und Preisgabe. Rollt die Kugel im nächsten Moment nach links unten in den roten aufgeheizten Raum hinein? Die Erdkugel, gute Schöpfung und Heimatplanet oder Spielball verschiedener Interessen? Als Menschen liegt es in unserer Hand, wie verantwortungsvoll mit der Erde umgegangen wird – dabei stoßen wir täglich an die Grenze des Möglichen. Wir haben es in der Hand und das nicht ganz.
Auf einem Schnipsel kann ich „Vom Anfang“ lesen. Dazu möchte ich Sie in dieser Fastenzeit einladen: Dass ich mich als Mensch und als Christ auf die Spurensuche nach der Besonderheit des Lebens begebe: Von Schöpfung zu sprechen ist mehr, als nur Natur zu meinen. Es hat mit einem Plan der Liebe Gottes zu tun, in dem jedes Geschöpf einen Wert besitzt und nicht verfügbar ist.
- Was ist uns noch heilig?
- Was ist unverfügbar?
- Was tasten wir nicht an?
- Was ist uns das Leben wert?
Diese Fragen laden ein, das Bild miteinander zu entdecken und so Teil einer neuen, weltumspannenden Schöpfungs-Erzählung zu werden. So eröffnet das Hungertuch einen Raum für Kreativität und Dialog zu Spiritualität und drängenden Themen der sozialen Gerechtigkeit – aber es fragt mich als Mensch und Christ ebenso an.